In der von Rot-Grün in NRW geweckten Erwartungshaltung, Entscheidendes zur Verbesserung der kommunalen Haushaltssituation zu tun, sehen sich nun die Kommunalpolitiker quer durchs ganze Land enttäuscht. In der letzten Sitzung des CDU-Bezirksvorstandes Ruhr machte Roland Mitschke, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Regionalverband Ruhr (RVR), deutlich, dass mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 die Landesregierung den 53 RVR-Städten sogar 1,4 % (41,2 Mio. €) weniger gebe als im Vorjahr.
Umverteilung in der Metropole Ruhr durch das Gemeindefinanzierungsgesetz 2011 (Grafik: CDU-Fraktion im RVR) Die Übernahme der Finanzierung der Grundsicherung im Alter und damit die Übernahme der Verantwortung für Altersarmut als gesamtgesellschaftliche Aufgabe durch den Bund ist bislang der einzige wesentliche Beitrag zur Sanierung der landauf, landab überstrapazierten Haushalte. Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) beschränkt sich auf Forderungen Richtung Berlin, lässt dabei aber keinerlei Bereitschaft erkennen, auch einen zusätzlichen Beitrag des Landes für die Kommunen bereit zu stellen.
Wenn dies schon nicht erfolgt, müssen die Städte wenigstens eine gerechte Verteilung des Anteils der Kommunen am Steueraufkommen durch das Land erwarten. Mit der Umsetzung einiger erster Empfehlungen des ifo-Gutachtens zur „Analyse und Weiterentwicklung des Kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen" aus dem Jahr 2008 im Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) 2011 hat die rot-grüne Landesregierung einen ersten Schritt versucht, der im Ergebnis jedoch mehr als unbefriedigend ist. Ein Vergleich der Kommunen untereinander belegt, dass das GFG 2011 zu einer erheblichen Umverteilung unter den Kommunen der Region führt, die in diesem Umfang nicht auf weitere Parameter der Berechnung der Schlüsselzuweisung zurückzuführen ist, manche Veränderungen sind auch überraschend (vgl. Infografik mit Zahlen der 1. Modellrechnung des Innenministeriums). Während Oberhausen beispielsweise 22,5 Mio. € (+ 19,1 %) zusätzlich erhält, Hamm 11,0 Mio. € (+ 9,9 %), verliert Bochum 39,5 Mio. € (- 16,4 %). Die überwiegende Zahl der Gemeinden im Kreis Wesel muss empfindliche Verluste verkraften, erhebliche Gewinne ergeben sich für Rheinberg (+ 113,2 %), Voerde (+ 23,5 %) und Dinslaken (+ 6,1 %).
Veränderungen zur Verteilung der Soziallasten ergaben sich im Rahmen des GFG 2011 zwangsläufig. Mit Einverständnis der Fraktionen im Landtag erfolgte der kommunale Finanzausgleich in den letzten Jahren anhand statistischer Daten aus dem Jahre 1999. Allein in NRW sind die Sozialausgaben aller Kommunen - allerdings mit örtlich sehr unterschiedlichen Wirkungen - der letzten 10 Jahren um die Hälfte auf fast 13 Mrd. € gestiegen. Auch dies hat einen erheblichen Einfluss auf die Verteilung wie auch die Gewichtung nach der Zahl der Bedarfsgemeinschaften, also der Empfänger von Sozialleistungen, die von der rot-grünen Koalition jedoch nicht in dem Umfang umgesetzt worden ist, wie das ifo-Gutachten gefordert hatte. Dies trifft insbesondere den Ballungsraum. Die Ruhr-Städte - so Roland Mitschke - müssen erwarten, dass diese sich aus der Bevölkerungs- und Sozialstruktur ergebenden Lasten anerkannt werden.
Die von interessierter Seite erhobene Forderung nach Einführung eines Flächenansatzes ins GFG, um die vermeintlich „verheerenden" Wirkungen der Anpassung der zugrundliegenden statistischen Daten zu kompensieren, muss abgelehnt werden. Sie verkennt die Anpassung dieser Grunddaten, die jetzt abrupt erfolgt, da sie für einige Jahre ausgesetzt worden war, in denen über Änderungen beraten und auch das ifo-Gutachten erstellt wurde. Die jetzt erfolgte Anpassung der Grunddaten zieht vorgenannte Steigerung der Sozialausgaben nach und trägt dem Umstand Rechnung, dass die größeren Städte überproportional größere Soziallasten tragen müssen - bedingt durch höhere Fallzahlen und Kosten, zum Beispiel für Mieten. Die Anpassung ist somit keine einseitige Begünstigung, sondern eine überfällige Korrektur. Den bevölkerungsreichsten Kommunen wurden in den letzten Jahren notwendige Finanzmittel vorenthalten, was die Schuldenkrise in der Metropole Ruhr verstärkte.
Ein Flächenansatz im GFG würde die allen Kommunen zur Verfügung stehenden Mittel nicht wie erforderlich erhöhen, sondern zu einer fragwürdigen und problematischen Umverteilung führen. Die Befürworter eines Flächenansatzes übersehen dabei, dass die Kommunen im „ländlichen Raum" bereits besonders bedacht werden. Die allgemeine Investitionspauschale wird nach Gebietsfläche verteilt, Gemeinden mit weniger als 25.000 Einwohnern werden in gleichem Umfang vom GFG berücksichtigt wie Gemeinden mit eben dieser Größe. Von den 66 Kommunen des Münsterlandes sind dies z.B. 50 (75 %) - trotz fehlender zentralörtlicher Funktion. In der Metropole Ruhr sind dies 9 von 53. Von einer Nichtberücksichtigung der Fläche, einer Benachteiligung des „ländlichen Raumes" und kleiner Gemeinden kann daher keine Rede sein.
Die Kommunen an der Ruhr tun gut daran, ihre Forderung nach einer weiteren Reform des GFG auch gegenüber der neuen Minderheitsregierung massiv zu vertreten, u. a. im Rahmen des Aktionsbündnis „Raus aus den Schulden", an dem sich bislang alle Landräte und Oberbürgermeister der Region parteiübergreifend beteiligt haben. Innerhalb der CDU warnt Mitschke davor, den Ballungsraum gegen den ländlichen Raum auszuspielen. Die Verbundmasse - also der zu verteilende Kuchen - muss größer werden. Hier bedarf es einer echten „Kraft"-Anstrengung.