Nachlassende Parteibindungen, gesellschaftliche Wandlungsprozesse und Individualisierung verändern die Wahrnehmung von Politik und die Bereitschaft, sich für Politik und Gemeinwesen zu engagieren. Klassische Beteiligungsformate und langfristiges politisches Engagement haben für viele Bürger an Attraktivität verloren.
Gleichzeitig gibt es eine Fülle von projektorientierten Aktivitäten und eine hohe Nachfrage im ehrenamtlichen Bereich. Es gibt außerordentliches Elternengagement, Einsatz für alte Menschen und Menschen mit Behinderung, es gibt ehrenamtliche Betätigung im kirchlichen, kulturellen und sportlichen Bereich. Dies passiert weitgehend außerhalb von staatlichen Strukturen. Das erfreulich große gesamtgesellschaftliche Engagement findet jedoch vielfach jenseits der früher üblichen Partizipationskanäle statt. Alle aktiven Bürger, die sich für das Gemeinwohl und den gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen, sind zu würdigen und in ihrem Engagement zu stärken.
Ohne ehrenamtliches Engagement wird unsere Gesellschaft weder den demografischen Wandel noch die Integration neuer Bürger bewältigen. Die Politik muss bürgerschaftliches Engagement durch die Schaffung einer Kultur der Anerkennung fördern. Dazu gehören auch ein Anreizsystem und die Abschaffung unnötiger bürokratischer Regelungen. Ebenso ist eine verbesserte Berücksichtigung der Erfahrungen im Ehrenamt für die berufliche Laufbahn erforderlich. Ehrenamtlich Tätige benötigen eigene, ihre Aufgaben unterstützende Bildungsangebote.
Demografische Veränderungen stellen vor allem für die Metropole Ruhr eine ernst zu nehmende Herausforderung dar, denn unsere Region ist von den Auswirkungen des demografischen Wandels besonders stark betroffen: Im Gegenteil zu allen anderen Metropolregionen in Deutschland schrumpft die Bevölkerung der Metropole Ruhr in den nächsten 15 Jahren. Die Lebensverhältnisse in den Städten der Metropole Ruhr sind für viele Menschen durch Alleinsein, Einsamkeit und Anonymität gekennzeichnet. Stabile soziale Netzwerke werden von vielen Menschen heute nicht erfahren. Diese Entwicklung lässt sich verändern, wenn die Bereitschaft der Menschen, sich für „ihre“ Stadt und „ihren“ Stadtteil zu engagieren, gefördert und unterstützt wird. Daher ist bei der Quartiersentwicklung das bürgerschaftliche Engagement stärker zu berücksichtigen. Auch nachbarschaftliche Unterstützungsaktivitäten zwischen jungen Familien und älteren Bürgern sind zu begrüßen und gesellschaftlich zu verankern.